Isle of Harris - das ungeschliffene Juwel der äusseren Hebriden Teil II
- Denise Bertram
- 12. Mai
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Mai

Harris präsentiert sich im Gegensatz zu Lewis deutlich dramatischer. Vor der zerklüfteten Küste liegen kleine, smaragdgrüne Inselchen wie verstreute Juwelen im tiefblauen Wasser des Atlantiks.
Ganz besonders beeindruckt hat mich die Golden Road — eine der schönsten Panoramastrassen, die ich je befahren habe. Es fühlt sich an, als sei man in eine andere Welt eingetaucht. Hin und wieder tauchen vereinzelt kleine Häuser auf, doch ansonsten gehört dieses raue, karge und zugleich wunderschöne Land den Schafen und den Tieren, die in den klaren, salzigen Gewässern leben.
Wir haben uns oft gefragt, wovon die Menschen hier leben mögen. Ich stelle mir ein sehr bescheidenes, genügsames Leben vor, geprägt von der Natur und vom Fisch- und Krabbenfang. Schon die Namen der Orte — Geocrab, Fleoideabhagh und Fionnsabhagh — klingen für unsere Ohren fremd und geheimnisvoll.
Diese Gegend hat mich derart fasziniert, dass wir an zwei aufeinanderfolgenden Tagen immer wieder dieselbe Strecke gefahren sind — und jedes Mal haben wir Neues entdeckt.
Ein besonderes Erlebnis hatten wir gleich am ersten Tag: Wir begegneten dem Lord of Harris. Was für ein majestätisches Tier! Stolz und stoisch stand er da, ein Widder von beeindruckender Präsenz. Ich konnte mich kaum sattsehen an seinem würdevollen Erscheinungsbild. So entstand das Portrait eines Tieres, das in seiner ganzen Erscheinung ein würdiger Vertreter dieser wilden und faszinierenden Insel ist.
Am zweiten Tag entdeckte ich eine Gruppe Seehunde. Die meisten von ihnen waren bereits im Wasser und nur wenige lagen noch auf den Felsen. Als ich mich ihnen langsam näherte, beobachteten sie mich neugierig. Zunächst waren sie vorsichtig — alle tauchten sie wie auf ein geheimes Zeichen synchron unter, nur um kurz darauf ein Stück näher wieder aufzutauchen.
Mit der Zeit umkreisten mich rund 25 Seehunde, ihre runden Köpfe ragten aus dem Wasser und ihre dunklen Augen musterten mich aufmerksam. Ich fühlte mich in diesem Moment fast wie ein Dirigent eines unsichtbaren Orchesters, das sich wortlos und harmonisch um mich bewegte.
Ich machte meine Bilder und war einfach nur glücklich, so ein stilles und berührendes Naturerlebnis haben zu dürfen.

Nun führte uns der Weg an die Westküste von Harris, die sich landschaftlich völlig anders zeigt als die dramatische Ostseite. Weite Sandbänke und endlose, fast unwirklich schöne Strände erstrecken sich entlang der Küste. Insbesondere die atemberaubenden Sandstrände lassen für einen Moment beinahe Karibikfeeling aufkommen — wären da nicht die deutlich frischeren Temperaturen ;-)
Allen voran die berühmte Luskentyre Beach, die nicht ohne Grund zu einem der schönsten Strände Europas gekürt wurde. Der feine, helle Sand, das türkisfarbene Wasser und die beeindruckende Weite dieses Ortes sind einfach überwältigend. Ich kann diese Auszeichnung nur voll und ganz nachvollziehen — hier fühlt man sich für einen Augenblick weit weg von allem.
Für eine kurze Pause oder einen Lunch bietet sich das moderne Café im Talla na Mara an, https://www.tallanamara.co.uk/our-space/ mit einer grandiosen Aussicht über die traumhafte Nisabost Beach. Von dort aus zieht sich die Küste bis hoch nach Tarbert — ein einziges landschaftliches Highlight, das einem kaum Zeit zum Durchatmen lässt, so sehr reihen sich die Schönheiten aneinander.
und dann gibt es HARRIS TWEED...
Was die Äußeren Hebriden neben ihrer unvergleichlichen Natur so besonders macht, ist ihr tief verwurzeltes handwerkliches Erbe — allen voran der legendäre Harris Tweed. Dieser Stoff ist weit mehr als nur ein Textil. Er ist ein Stück gelebter Geschichte, ein Symbol für die Verbundenheit der Menschen mit ihrem Land und ihren Traditionen.
Seit Jahrhunderten wird der Harris Tweed aus reiner Schurwolle gefertigt, die ausschließlich auf den Äußeren Hebriden gesponnen und von Hand auf kleinen Webstühlen in den Cottages der Inselweber gewebt wird. Jeder Meter dieses Stoffes erzählt von Geduld, handwerklichem Können und einer tiefen Liebe zu dieser rauen, wilden Landschaft.
Die Farben des Tweeds spiegeln die Natur der Inseln wider: das satte Moosgrün der Hügel, das raue Grau der Felsen, das warme Braun der Torfmoore und das tiefe Blau des Atlantiks. Kein Stoff der Welt hat eine so enge Verbindung zu seiner Heimat wie der Harris Tweed.
Er ist das einzige Textil weltweit, das durch ein eigenes Gesetz geschützt ist — das Harris Tweed Act von 1993. Nur Stoffe, die nach strengen Regeln auf den Äußeren Hebriden gefertigt wurden, dürfen das berühmte Harris Tweed Orb-Label tragen.
Wenn man hier unterwegs ist, versteht man, warum dieser Stoff so einzigartig ist. Er ist nicht nur Kleidung, sondern ein Stück Inselgeschichte, das Generationen überdauert hat. Ein Stück Hebriden für die Ewigkeit – und es war mir schon lange vor dieser Reise klar, dass ich mich in die Welt des Harris Tweed verlieben würde.
...Und für die Kaffeeliebhaber unter euch gibt es noch einen kleinen Geheimtipp: Auf Harris werdet ihr nicht gerade mit einer Vielzahl an Cafés verwöhnt, aber es gibt einen Mann, der euch den besten Latte, Cortado oder was auch immer ihr euch an Kaffee wünscht, zaubert. Sein Name ist Sean, ursprünglich aus Australien, und mit seinem kleinen Wohnwagen steht er meist in Tarbert. Was für ein Glück, dass wir ihn gefunden haben! Momentan ist er wohl an der Portobello Beach in Edinburgh, aber im Herbst wird er sicherlich wieder zurück auf „seine Insel“ kommen. Leider hat er keine eigene Homepage, aber ihr könnt ihn auf Instagram unter „islecoffeeharris“ finden.

Die Isle of Harris ist definitiv eines meiner grossen Highlights in Schottland, und es ist schon schade, dass sie so weit entfernt ist. Aber genau das macht sie ja auch so einzigartig – wenn sie nicht so abgelegen wäre, würde sie vielleicht nicht diese besondere Magie besitzen.
Das Ende der Welt kann definitiv nicht schöner sein...
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