Wistman’s Wood – ein märchenhaftes Kapitel in Moos, Farn und Flechten
- Denise Bertram
- 9. Juni
- 2 Min. Lesezeit

Schon lange hatte ich von diesem Wald gehört – Geschichten, Sagen, mystische Bilder. Wistman’s Wood, tief im Dartmoor Nationalpark gelegen, etwa fünf Stunden westlich von London, galt für mich als ein Ort, den man einmal im Leben gesehen haben muss. Vor allem, wenn man – wie ich – eine grosse Liebe zu Bäumen in sich trägt.
Doch der Weg dorthin war beschwerlich. Viel Verkehr, Regen, Geduld. Man musste ihn sich verdienen, diesen Ort – als wollte er prüfen, ob man bereit ist für seine Welt ;-)
Der Pfad beginnt direkt gegenüber dem Two Bridges Hotel. Ein Hotel, das seine besten Jahre längst hinter sich hat – teuer, kalt, altmodisch, mit schweren Teppichen, die Geschichten erzählen, aber keine, die man noch hören möchte. Und doch: Es gibt nichts anderes in der Umgebung.
Nach etwa 30 Minuten zu Fuss verändert sich etwas. Der Wald ist kleiner, als erwartet – doch mit jedem Schritt wächst seine Wirkung. Zwischen Sonne und Wolken entfaltet sich eine fast stille Magie. Die knorrigen Eichen, umrankt von Moosen und Flechten, wirken wie Wesen aus einer alten Zeit.
Man spürt: Hier ist die Zeit langsamer. Vielleicht sogar stehen geblieben.
Und obwohl kein Nebel durch die Äste zog, lag eine Dichte in der Luft – als hielte der Wald den Atem an. Man kann die Geschichten förmlich hören, die hier flüstern.
Viele Legenden erzählen, man solle Wistman’s Wood bei Sonnenuntergang besser meiden – wegen der Waldgeister, die dann erwachen. Vielleicht ist das nur Aberglaube. Aber wenn man dort steht, zwischen all diesen knorrigen, lebendigen Bäumen – dann ist man sich da plötzlich gar nicht mehr so sicher, und ich hätte definitiv nicht freiwillig eine Nacht dort verbracht...
Auf dem Fussmarsch zurück setzte Regen ein – wir wurden nass, aber es störte kaum. Wir waren zu erfüllt von diesem Erlebnis, als hätte der Wald uns etwas gegeben, das man nicht benennen kann. Etwas Altes, Echtes, aber vielleicht auch einfach nur das Gefühl, für einen Moment an einem Ort gewesen zu sein, der sich der Zeit entzieht.
Am nächsten Tag traten wir die Heimreise an – und auf einem von wilden Rhododendren gesäumten Waldstück entdeckten wir zwei elegante junge Damhirsch-Weibchen. Ein würdiger Abschluss unseres kurzen England-Trips.

Lust auf mehr Geschichten wie diese? Dann registriere dich und bleib auf dem Laufenden.
Liebe Grüsse
Denise
Comments